Wer sich mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst, wird sich irgendwann auch fragen, wo er oder sie in Zukunft einkaufen soll. Glücklicherweise gibt es mittlerweile so viele schöne nachhaltige Start-Ups, sowohl offline als auch online, die durchdachte nachhaltige Produkte anbieten.
Mich persönlich interessiert da auch immer brennend, wer die Menschen hinter diesen nachhaltigen Unternehmen sind, und wie sie zur Gründung gekommen sind. Ich finde diese persönlichen Geschichten immer wahnsinnig inspirierend und motivierend.
Vielleicht geht es dir genau so?
Jedenfalls hatte ich genau aus diesem Grund bereits vor einem Jahr den Entschluss gefasst, hier auf fairlis.de immer mal wieder spannende Menschen zu interviewen, die nachhaltige Unternehmen gegründet haben, und damit ihren ganz persönlichen Beitrag für eine bessere Welt leisten.
Doch wie es manchmal so ist, will gut Ding Weile haben, und ich habe das Thema immer wieder aufgeschoben.
Als ich dann über Instagram mit Sina, der Gründerin des Labels MAMOANA und des Ocean & Soil Concept Stores in Bremen in Kontakt kam, wusste ich genau:
Sina ist nicht nur eine super sympathische, sondern auch eine wahnsinnig spannende und leidenschaftliche Frau, die ich unbedingt über die Gründung ihres Ladens, von der Ideenfindung bis hin zum heutigen Tage, ausfragen möchte.
Und glücklicherweise hat Sina dieser Investigation zugestimmt. 🙂
Gerne hätte ich Sina persönlich in Bremen besucht. Aber aufgrund der Distanz zwischen Karlsruhe und Bremen und der aktuellen Situation, haben wir unser Interview nach einem laaaangen und super schönen Kennenlern-Telefonat schriftlich durchgeführt.
Von dem Interview habe ich mir versprochen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen: Wie entsteht die Idee zu einem nachhaltigen Unternehmen? Welche Schwierigkeiten gibt es, einen Concept Store zu gründen? Wie kam Sina als junge Frau dazu, sich aus ihrer Liebe zum Nähen und zum Meer den Mut zu fassen zu gründen, und welche Herausforderungen hat sie persönlich in dieser Zeit erlebt?
Und ich kann euch sagen: All meine Erwartungen wurden erfüllt und ich bin super happy mit den Insights, die wir durch dieses Interview bekommen haben! Sinas Geschichte hat mich wahnsinnig inspiriert, meinen eigenen Weg zu finden, meiner Leidenschaft zu folgen, und am Ball zu bleiben.
Ich hoffe, du findest das Gespräch mit Sina genauso spannend und inspirierend wie ich!
Schnapp’ dir eine Tasse Kaffee oder Tee, lehn’ dich zurück, und genieße dieses tolle Interview!

Liebe Sina, erzähle uns etwas über dich: Wer bist du, wo kommst du her, was machst du, und was hast du vorher gemacht?
Ich bin Sina und in Kiel aufgewachsen, der schönen Stadt an der Ostsee, zusammen mit Wind und Wellen. In den vergangenen 7 Jahren ist unglaublich viel passiert, aber ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich im Bus zurück nach Hause saß und unglaublich glücklich war, weil ich als eine der ersten die Auswirkungen von Mikroplastik auf die marine Umwelt erforschen durfte. Zuvor besprach ich das Thema meiner Bachelorarbeit am GEOMAR in Kiel. Dort bin ich auch aufgewachsen. An der Ostsee, zusammen mit Wind und Wellen.
Wie viele Küstenkinder, hat auch mich das Meer geprägt.
Nach meinem Abschluss zog ich mit meinem Freund nach Bremen. Dort studierte ich weiter, erforschte das Mikroplastik, absolvierte ein Auslandssemester in Neuseeland und verließ die Uni in Bremen 2016 mit einem Doppelabschluss in „Marine Geosciences“.
Genäht habe ich schon immer, das hat mir meine Mutter beigebracht. In Neuseeland las ich, dass 1/3 des marinen Mikroplastiks seinen Ursprung in unserer Kleidung hat. Polyester macht dabei den größten Teil aus. Ich wollte das nicht mehr unterstützen.
Nach jedem Besuch von Modegeschäften war ich müde vom Etiketten-Umdrehen. Jedes Mal las ich 100% Polyester oder 5% Elasthan. Es gab einfach sehr selten Teile aus reinen Materialien. Geschweige denn, fair hergestellte Kleidung.
Heute bin ich 30, lebe in Bremen, arbeite in Teilzeit, baue gleichzeitig meine Selbstständigkeit aus und führe mein erstes Geschäft offline.
Wie bist du zum Konzept deines Labels MAMOANA (Ocean & Soil) gekommen?
Eines nachts in Neuseeland überlegte ich, einfach selbst Kleidung zu nähen. Ich habe es ans Ende der Welt geschafft, ich würde auch dies schaffen. Mit Übung und Fleiß. Dort begann ich zunächst mit dem Stricken. Nachdem ich die ersten Stirnbänder an Mitbewohner und Kommilitonen verkauft hatte, hat mich der Ehrgeiz und die Motivation gepackt.
Das Alleinstellungsmerkmal war klar: Alles ist zu 100% plastikfrei und wird fair produziert.
Bereits 2014, während meines Studiums, meldete ich ein Gewerbe an, da ich bereits Handgemachtes über DaWanda verkaufte. Meine Selbstständigkeit entwickelte sich nebenher. Seit 2017 arbeite ich in Teilzeit, um meine monatlichen Fixkosten sicher bedienen zu können und immer etwas Kapital für die Selbstständigkeit zu haben. Allmählich trägt sich die Selbstständigkeit immer mehr von selbst und ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauert, bis ich meinen Lebensunterhalt vollständig durch die Selbstständigkeit erwirtschaften kann.
Der erste Name für das Label war „MAGELLANA“. Diesen konnte ich jedoch nicht schützen lassen also überlegte ich mir 2019 einen neuen Namen: MAMOANA. Ocean & Soil ist lediglich ein Zusatz und wird primär für meinen Store benutzt.
Was bedeutet eigentlich MAMOANA? ?
Da mein Label in Neuseeland entstand wollte ich einen Namen, der diese Herkunft und den Ozean verkörpert. Aus der Sprache der Maori abgeleitet bedeutet MA so viel wie sauber und MOANA Ozean.
Wie ist die Idee entstanden, deinen eigenen Laden zu eröffnen? Was hat dich motiviert?
Der Store lief mir im Sommer 2019 ganz zufällig über den Weg. Da sich die Fläche nur allein für mein Label nicht gelohnt hätte, nahm ich kurzerhand andere, junge Selbstständige dazu, die ebenfalls plastikfreie und fair produzierte Produkte produzieren und sich gern im stationären Einzelhandel ausprobieren wollte. Mir war immer klar, dass es wichtig ist, sich auch offline zu präsentieren. Doch bislang fehlte das Kapital, oder Verbündete. 🙂
Mich motiviert die Chance, die der Store bietet. Ich kann tolle Fotos machen, Kunden empfangen, mich vernetzen, mich mit anderen Selbstständigen verknüpfen, um das gemeinsame Ziel zu verfolgen: Eine plastikfreie Welt. Zumindest zum Großteil.


Hattest du Ängste oder Zweifel, dich selbstständig zu machen? Wie bist du diesen begegnet?
Jein. Sicher gab es, gerade kurz nach dem Studium, die Gedanken „Soll ich wirklich von vorn anfangen?“ „Bedeuten die 7 Jahre Studium gar nichts?“ „Werde ich davon leben können?“.
Doch ich war so überzeugt von meiner Idee und es gab regelmäßig Erfolgserlebnisse, sodass meine Motivationsmühle immer wieder kraftvoll angetrieben wurde. Und wenn es mal ganz aussichtslos schien hat mich meine Familie aufgebaut und gesagt „Du schaffst das, glaub an dich!“.
Schlussendlich ist es wichtig, egal ob im Leben allgemein oder auf dem beruflichen Weg, das zu tun, was einem gut tut. Woran man Freude empfindet. Was einen erfüllt.
Wir leben zum Glück in einem Land, in dem es vergleichsweise einfach ist, seine Bedürfnisse durchzusetzen, wenn man sich dafür einsetzt. Diese Chance wollte ich nicht verpassen.
Wie lief der Übergang zwischen deinem alten „Job“ bis hin zur Eröffnung deines Concept Stores ab?
Sehr fließend, bzw. arbeite ich immer noch in Teilzeit. Diese Sicherheit ist Gold wert, erst recht jetzt, im Zuge der Corona-Pandemie.
Daher würde ich auch behaupten, dass es kein riesiges Risiko sein muss, sich selbstständig zu machen. Man kann es eben auch schrittweise machen. Das dauert zwar länger und ist mühseliger, doch auch eben (finanziell) sicherer.
Wurdest du von deinem Umfeld unterstützt? Wenn ja, wie?
Oja, von meiner Familie und Freunden. Mit Input, das Aufzeigen von Möglichkeiten und mentaler Motivation. Vieles ist jedoch dann auch zufällig passiert. Zum Beispiel erfuhr ich von dem Existenzförderprogramm der Stadt Bremen von einer Weihnachtsaushilfe in der Mittagspause, während ich noch im Einzelhandel gearbeitet habe. Dieses Programm hat mich Meilen nach vorn gebracht.
Was waren die größten Herausforderungen der Gründung, und was hat dir am meisten geholfen?
Es war sehr schwer und fordert mich manchmal immer noch, eine klare Linie zu fahren. Ich habe viele Ideen und möchte immer mehr umsetzen als ich schaffen kann. Sicherlich wurde mir ein fehlender Businessplan und auch als ich ihn dann hatte, dessen ungetreue Umsetzung, oft zum Verhängnis. Unterm Strich hätte ich es mir einfacher machen können. Auf der anderen Seite habe ich so unglaublich viel gelernt, insbesondere es auf meine Weise zu tun und dies ist etwas, dass essenziell für eine (Solo-) Selbstständigkeit ist.
Geholfen hat mir Vertrauen. Es wird alles gut, wenn man nicht aufgibt und offen für neue Wege ist. Das klingt total banal, doch das Leben, vielmehr die äußeren Umstände, lassen sich schwer beeinflussen.
Wie genau hast du deinen Laden finanziert?
Anfangs durch einen Kleinkredit, um erst einmal Sicherheit zu haben. Dann durch die Fachvermietungen, die Provisionen und Umsätze. Nun trägt sich der Store selbst.
Wie lange hast du von der Idee bis zur Umsetzung gebraucht?
Das verlief auch einfach fließend und Stück für Stück. Es fing damit an, einfach plastikfreie Kleidung für mich zu nähen. Dann kamen Anfragen von außen. Mit zunehmender Perspektivlosigkeit im akademischen Bereich wuchs das Verlangen nach Unabhängigkeit und die Freude an der Sache selbst gaben schlussendlich den Antrieb, meinen ganz eigenen Weg zu gehen.
Kannst du von deinem Concept Store bereits leben, oder arbeitest du noch nebenher?
Der Store ist ein Teil des Ganzen. Unterm Strich erwirtschafte ich mit der Selbstständigkeit noch nicht meine gesamten Kosten. Mittlerweile wird die Selbstständigkeit aber immer skalierbarer, sodass ich langsam auch entspannter werde und die Arbeit langsam richtige Früchte trägt. 🙂

Wie machst du auf MAMOANA aufmerksam? (Marketing, etc.)
In erster Linie via Instagram (@mamoana.thelabel). Seit letztem Jahr natürlich auch durch den Store (@ocean.and.soil). Und Mundpropaganda.
Wie sieht ein typischer Alltag bei dir aus?
Ich WÜNSCHTE ich hätte einen typischen Alltag! 😀 Seit 4 Jahren laufe ich aber wie auf heißen Kohlen. Es gibt fast täglich eine neue Aufgabe, Termine oder Verschiebung von Prioritäten.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich derzeit pausenlos arbeite, viel auch im Kopf und es überhand nimmt. Die Strukturierung meiner Woche und meines Privatlebens steht seit kurzem an erster Stelle meiner To-Do-Liste.
Wie fühlt es sich an, selbstständig zu sein?
Befreiend! Trotz des Stresses möchte ich nie wieder in ein Angestelltenverhältnis zurück (mit meinem derzeitigen Teilzeitjob habe ich zum Glück in dieser Hinsicht viel Glück gehabt). Ich kann machen was ich will und zusammenarbeiten mit wem ich will. Ich kann meine Zeit frei einteilen und für mich wichtige Prioritäten setzen.
Wie bildest du dich weiter? (Persönlichkeitsentwicklung, Fähigkeiten aneignen, Business-Know How, etc.)?
Primär über Videos (Youtube), tatsächlich auch Instagram und wissenschaftliche Artikel.
Zum Beispiel schaue ich mir derzeit viele Videos über Finanzen an, um bald gute Voraussetzungen fürs Alter schaffen zu können.
Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit in deinem Alltag?
Einen großen. Für mich ist Nachhaltigkeit die Garantie für unsere Zukunft. Wenn wir nicht nachhaltig leben, leben wir nicht mehr lange. Im Alltag versuche ich natürlich so gut es geht die allgemein bekannten Dinge umzusetzen, wie z.B. kein Plastik zu kaufen oder regional und saisonal einzukaufen. Derzeit gestalten wir unseren Balkon bienenfreundlich und werden im Sommer auf’s Land ziehen, um weiter in die Richtung „Selbstversorger“ gehen zu können.
Doch auch persönliche Nachhaltigkeit ist sehr wichtig. Zum Beispiel arbeite ich daran, meine Zeit effektiver einzusetzen, um mehr Zeit für Körper & Seele zu haben, die ja Grundlage meiner Selbstständigkeit sind.
Wie setzt du das Thema Nachhaltigkeit in deinem Store um?
Im Ocean & Soil Concept Store finden sich natürlich nur plastikfreie Produkte. Außerdem verpacke ich auch alles plastikfrei. Besonders wertvolle Produkte, damit meine ich Produkte, die z.B. einen hohen Materialeinsatz haben, fertige ich nur in kleinen Stückzahlen oder auf Anfrage.
Nach welchen Kriterien wählst du die Produkte/Marken für deinen Store aus?
Sie müssen plastikfrei sein, handgefertigt, natürlich (z.B. Kosmetik), und von guter Qualität (langlebig). Somit sind sie auch recyclebar, biologisch abbaubar und ungefährlich für die Umwelt.
Was ist deine persönliche Vision für die Zukunft?
Mein Traum ist die Selbstständigkeit halbtags auszuüben, Zeit für Kinder & Garten und Freunde zu haben.
Arbeit sollte Spaß machen, der Gesellschaft nutzen und frei gestaltbar sein (ich weiß, dass dies in einigen Berufen nicht möglich ist). Ich möchte ein Teil der Gesellschaft sein, aber den überwiegenden Teil in meinem eigenen Leben verbringen.
Ich freue mich schon, in 2-3 Jahren zurück nach Kiel zu ziehen und dort einen (weiteren) Ocean & Soil Concept Store zu eröffnen.
Und was wünschst du dir Allgemein?
Mehr Gelassenheit. Mehr Toleranz. Und vor allem mehr Begeisterung für unsere Natur, die Erde. Das wünsche ich mir für die Menschheit.
Für mich wünsche ich mir ebenfalls Gelassenheit, mehr innere Ruhe und die Fähigkeit, einfach mehr genießen zu können.
Unser Dank
Geht an die liebe Sina für dieses wunderschöne und interessante Interview! Es hat uns super viel Spaß gemacht mehr über die Hintergründe dieser nachhaltigen Gründung zu erfahren, und eine so spannende, sympathische und nachhaltig denkende Unternehmerin kennenzulernen.
Wer von Sina und ihrem Concept Store genauso begeistert ist wie wir, der kann Sina entweder online oder vor Ort treffen, und ihr liebe Grüße von uns ausrichten 🙂
So kannst du mit Sina in Kontakt treten:
Instagram: @mamoana.thelabel oder @ocean.and.soil
Online Store: https://mamoana.com/
Im Ocean & Soil Concept Store in Bremen, und zwar hier.
Du hast noch Fragen an uns oder an Sina? Oder du kennst ein nachhaltiges Unternehmen, dessen GründerIn wir interviewen sollen? Dann hinterlasse uns gerne einen Kommentar oder schreibe uns via Instagram @fairlis.de.
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