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“Underconsumption-Core” ist der neueste Trend auf TikTok und positioniert sich als Gegenbewegung zum ständigen Überkonsum, der auf sozialen Medien oft gefeiert wird.
Aber: Kann dieser Trend wirkliche Veränderungen erzielen und zu einem nachhaltigeren Leben führen?
In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, ob und wie dieser virale Trend unser Konsumverhalten verändern kann, und wie es Trends überhaupt schaffen gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen zu bewirken.
Stell dir vor, dein Kleiderschrank ist übersichtlich, deine Wohnung frei von überflüssigem Schnickschnack, und du verspürst keinen Drang, dich im nächsten Sale (oder in der “Black Week” 🫢) durch die unfassbare Menge an Angeboten zu kämpfen. Klingt toll? Finde ich auch!
Unsere Konsumkultur bringt uns aber immer wieder durch Rabattaktionen, clever eingesetzte Werbeeinblendungen bei Social Media & Co., und diverse Online-Trends dazu, uns Dinge zu kaufen, die wir eigentlich gar nicht wirklich brauchen.
Gerade gegen Ende des Jahres gehen die Sales, Hauls und Sonderaktionen besonders ab. Rabattcodes für die “Lieblingsprodukte” beliebter Influencer*innen verleiten zusätzlich zum Kauf.
Aber Moment. Steht da vielleicht gerade ein Wandel bevor? Denn auf TikTok und Instagram gibt es seit einigen Monaten einen neuen Trend: “Underconsumption Core“.
In unserer aktuellen (Social Media-) Welt, die uns Konsum als Lösung all unserer Probleme verkauft, stellt dieser Trend die komplette Gegenbewegung dar:
Statt mehr Besitz geht es um weniger – weniger Dinge besitzen, weniger neues kaufen, altes reparieren, unsere Besitztümer pflegen und möglichst lange besitzen.
Motivation ist der positive Einfluss auf die Umwelt, unsere mentale Gesundheit und unseren Geldbeutel.
Doch kann dieser Trend tatsächlich auch langfristige und tiefgreifende Veränderungen in unserem Konsumverhalten bewirken? Oder bleibt “Underconsumption Core” – wie so viele Trends – nur ein kurzlebiger Hype?
Und welche Faktoren führen überhaupt dazu, dass aus einem Trend ein wirklicher struktureller und gesellschaftlicher Wandel entstehen kann?
Diese Fragen möchte ich mir mit euch gemeinsam in diesem Beitrag anschauen und beantworten.
Okeeey let’s go!🎤
Definition und Kern von “Underconsumption Core”
Schauen wir uns zunächst an, was “Underconsumption Core” bedeutet und wofür dieser Trend steht.
Der Trend entstand Mitte 2024 auf TikTok, als Nutzer*innen begannen, Inhalte zu teilen, die einen minimalistischen Lebensstil und bewussten Konsum propagierten. Mittlerweile finden sich auch auf Instagram und Youtube zahlreiche Videos zum Hashtag “underconsumptioncore“.
Ich habe mir einige Videos unter diesem Hashtag angeschaut und mir die Profile der Leute angesehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Leute, die diesem Trend folgen, viel Wert auf folgende Punkte legen:
- Nachhaltigkeit: Der Kauf neuer Produkte wird vermieden, stattdessen werden vorhandene Ressourcen genutzt, repariert oder wiederverwendet.
- Minimalismus: Das Leben wird bewusst entschlackt, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – sei es in Bezug auf Besitz, Kleidung oder Alltagsgewohnheiten.
- Achtsamkeit: Konsumentscheidungen werden reflektiert getroffen, mit dem Ziel, die Umweltbelastung zu reduzieren und persönliche Zufriedenheit durch weniger “clutter” im eigenen zuhause zu steigern.
“Underconsumption Core” ist also eng mit Bewegungen wie Minimalismus, Slow Fashion und Nachhaltigkeit verbunden. Aber auch “mental health” spielt eine Rolle:
Weniger “Gerümpel” in der eigenen Wohnung, weniger Stress durch ständigen Konsum und weniger schlechtes Gewissen, weil man wieder unnötig Geld ausgegeben hat (und sich vielleicht sogar verschuldet hat), sollen unsere Zufriedenheit und psychische Gesundheit verbessern.
Was mir außerdem aufgefallen ist: Anders als bei reiner Konsumkritik steht “Underconsumption Core” nicht für den völligen Verzicht auf Konsum, sondern für eine neue Wertschätzung von Qualität, Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und Zweckmäßigkeit von Dingen, die wir besitzen.
Es darf also gekauft werden, aber nur das, was wirklich gebraucht wird oder was nicht mehr repariert werden kann und ersetzt werden muss. Und das alles in möglichst guter Qualität, damit eine lange Lebensdauer möglich ist.
Mach dir selbst ein Bild von dieser Bewegung: Unter dem Hashtag “Underconsumption Core” findest du auf TikTok, Instagram aber auch auf Youtube viele Videos mit kreativen Ideen, wie du mit weniger auskommst – sei es durch Second-Hand-Kleidung, DIY-Projekte oder das bewusste Reparieren von Gegenständen.
Als ich diesen Trend zum ersten Mal entdeckt habe, war das für mich wie ein frischer Wind in der sonst so konsumorientierten Social Media Welt. Es ist wirklich schön, auch mal Inspiration im Sinne von “weniger ist mehr” zu bekommen.
Chancen von “Underconsumption Core” – Können Trends die Welt verändern?
Die kurze Antwort lautet: Ja, Trends können die Welt verändern – aber nicht immer und nicht von allein. Ob ein Trend einen nachhaltigen Einfluss hat, hängt davon ab, wie tief er in unsere Gesellschaft eindringt und ob er strukturelle Veränderungen bewirkt.
Lass uns mal genauer darauf schauen, was es brauch, damit ein Trend die Welt verändern kann anhand einiger Beispiele von Trends, die es geschafft haben.
Beispiele für Trends, die die Welt veränderten
Die “MeToo”-Bewegung
Die “MeToo”-Bewegung ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein Trend kulturelle Normen nachhaltig verändern kann. Sie wurde 2006 von der Aktivistin Tarana Burke ins Leben gerufen und erreichte 2017 durch virale Social-Media-Kampagnen weltweite Aufmerksamkeit. Unter dem Hashtag #MeToo teilten Millionen Menschen – vor allem Frauen, aber auch Prominente – weltweit ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung und Gewalt. Dies brachte das Thema in den öffentlichen Diskurs und löste einen tiefgreifenden Wandel in der Wahrnehmung und im Umgang mit Machtmissbrauch aus.
“MeToo” hat es geschafft, kulturelle Normen zu verändern, weil die Bewegung tief in der Gesellschaft verankert ist. Sie ging über einen kurzfristigen Social-Media-Trend hinaus und führte zu strukturellen, rechtlichen und gesellschaftlichen Veränderungen.
Doch warum konnte “MeToo” eine so tiefgreifende Wirkung erzielen?
Aus meiner Sicht hat die Bewegung das durch die starke virale Verbreitung, die große Relevanz des Themas und vor allem auch prominente Unterstützer*innen, die das Problem ins Rampenlicht gerückt haben, erreicht.
Die massive Beteiligung vieler Betroffener machte deutlich, dass sexuelle Belästigung ein strukturelles Problem ist, und setzte die Institutionen unter Handlungsdruck. Die Bewegung brach mit der Stigmatisierung der Opfer und veränderte das gesellschaftliche Narrativ, indem sie die Verantwortung klar bei den Tätern verankerte.
Zudem fiel “MeToo” in eine Zeit, in der das Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung gestiegen war, was die Botschaft natürlich noch verstärkte.
Durch die Kombination von öffentlichem Druck, Medienaufmerksamkeit und institutionellen Veränderungen hat “MeToo” die Grundlage für einen nachhaltigen und echten kulturellen Wandel geschaffen.
Der Elektroauto-Boom
Der Trend zu Elektromobilität, angeführt vor allem von Tesla, hat die Autoindustrie grundlegend verändert. Er führte nicht nur zu einem neuen Bewusstsein für klimafreundliche Technologien, sondern zwang auch traditionelle Automobilhersteller, auf Nachhaltigkeit umzurüsten.
Aber wie hat Tesla das geschafft?
Tesla ist es gelungen, Elektroautos als begehrtes Statussymbol für umweltbewusste Verbraucher zu positionieren, indem das Unternehmen innovative Technologien mit einem starken Markenimage kombinierte.
Tesla hat mit der Entwicklung leistungsstarker und eleganter Fahrzeuge gezeigt, dass Elektroautos nicht nur umweltfreundlich, sondern auch leistungsstark und attraktiv sein können.
Der hohe Preis, die technischen Details und das Design des Autos sprachen viele wohlhabende Autokäufer*innen an – der Innovationsaspekt aka “das Neueste und Beste haben” und der Bonus, damit (vermeintlich) etwas für die Umwelt zu tun, führten dazu, dass Tesla Elektroautos zum Trend machte.
Darüber hinaus hat Tesla durch den Aufbau eines eigenen Netzes von Supercharger-Ladestationen die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge verbessert und damit Bedenken hinsichtlich der Alltagstauglichkeit von Elektroautos ausgeräumt.
Die Kombination aus innovativen Produkten, einer klaren Mission für nachhaltige Mobilität und unkonventionellen Marketingstrategien hat dazu beigetragen, dass Tesla Elektroautos als Trend und umweltfreundliches Statussymbol etabliert hat und viele traditionelle Automobilhersteller auf den Zug aufspringen und Elektroautos entwickeln.
Inzwischen haben viele Länder sogar angekündigt, den Verkauf von Verbrennungsmotoren in naher Zukunft zu verbieten.
Die “Zero-Waste”-Bewegung
Was als Nischentrend begann, beeinflusste schließlich auch den Handel und die Verpackungsindustrie: Viele Supermärkte bieten inzwischen lose Ware an, verzichten auf Plastik und setzen auf recycelbare Materialien. Unverpackt-Läden gab es plötzlich in fast jeder Stadt.
Der Trend zur Abfallvermeidung hat unsere Gesellschaft also nachhaltig verändert.
Aber wie und warum?
Die “Zero Waste”-Bewegung wurde zu einem starken Trend, weil sie eine klare und einfache Botschaft vermittelte und ein drängendes Problem ansprach: die zunehmende Verschmutzung der Umwelt durch Abfälle, insbesondere durch Plastik.
Die Verbreitung in der Gesellschaft ist meiner Meinung nach auf mehrere Faktoren zurückzuführen:
1. Zeitgeist: Bewusstsein für Umweltthemen:
Die Bewegung traf 2018-2020 auf ein wachsendes Bewusstsein für Umweltprobleme (z.B. durch die Fridays for Future-Bewegung).
Mit immer mehr Bildern von Plastikverschmutzung in den Medien, Berichten über die Vermüllung der Ozeane und die Folgen des Klimawandels war die Gesellschaft bereits empfänglich für nachhaltige Lebensstile. Zero Waste” bot eine greifbare Lösung für ein globales Problem.
2. Virale Verbreitung über soziale Medien
Social-Media-Plattformen spielten eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Bewegung. Influencer und Aktivisten wie Bea Johnson (Autorin von Zero Waste Home) gaben praktische Tipps und zeigten, wie man Abfall reduzieren kann.
Ihre Inhalte waren visuell ansprechend und “ästhetisch”: minimalistische Haushalte, unverpackte Produkte und DIY-Lösungen. Dies sprach ein breites Publikum an und inspirierte zum Umdenken und Handeln..
3. Persönliche Machbarkeit und Identifikation
Die Bewegung hat immer wieder betont, dass jeder Einzelne durch kleine Veränderungen einen Beitrag leisten kann: Durch die Verwendung von Stofftaschen und Mehrwegflaschen oder durch den Einkauf in Unverpackt-Läden und den Verzicht auf in Plastik verpacktes Obst, Gemüse oder andere Lebensmittel.
Die Botschaft war klar: Niemand muss perfekt sein, aber jeder Schritt in Richtung Abfallvermeidung zählt. Dieser positive und machbare Ansatz motivierte viele Menschen, sich der Bewegung anzuschließen.
4. Unterstützung durch Unternehmen und Organisationen
Viele Unternehmen begannen, auf die Bewegung bzw. die steigende Nachfrage zu reagieren, indem sie umweltfreundlichere Verpackungen anboten, Unverpackt-Läden eröffneten oder plastikfreie Produkte auf den Markt brachten. Diese wirtschaftliche Anpassung unterstützte die Verbreitung der Bewegung, da auch Verbraucher, die nicht “Teil der Bewegung” waren, immer mehr plastikfreie Optionen zur Verfügung hatten und so auf den Trend aufmerksam wurden und vielleicht sogar ihre eigenen Wertvorstellungen überdachten.
5. Entstehung einer starken Community
Die Bewegung baute auf Information und Austausch in der Social Media Community. Tipps und Tricks, die neuesten DIYs wurden geteilt und ausprobiert. Workshops, Blogs, Bücher und lokale Initiativen dienten dem Erfahrungsaustausch und der gegenseitigen Inspiration.
6. Ästhetik und Lifestyle
“Zero Waste” wurde nicht nur als umweltfreundlich beworben, sondern auch als Lebensstil, der Ordnung, Minimalismus und Achtsamkeit fördert. Die Ästhetik – leere Glasbehälter, minimalistische Küchen und Bäder, DIY-Kosmetik in schönen Tiegeln – war besonders ansprechend und wurde zudem mit einem gesunden und nachhaltigen Leben assoziiert.
Dieser Lifestyle-Aspekt machte die Bewegung auch für Menschen attraktiv, die sich weniger mit Umweltaktivismus identifizierten, sondern einfach die Ästhetik dahinter ansprechend fanden.
7. Einfluss von Politik und Medien
Politische Diskussionen über Plastikmüll – wie das Verbot von Plastiktüten in vielen Ländern – und Dokumentarfilme wie A Plastic Ocean oder The True Cost haben das Thema Abfall und Nachhaltigkeit noch präsenter gemacht. Sie schufen den Rahmen für “Zero Waste” als gesellschaftlichen Trend.
Als auch die “Mainstream-Medien” über das Plastikproblem und die “Lösung” – die Zero Waste-Bewegung – berichteten, erreichte der Trend auch viele Menschen außerhalb der Social Media Bubble.
Die Mischung machts – So führen Trends zu nachhaltigen Veränderungen
Anhand verschiedener Beispiele erfolgreicher Trendbewegungen haben wir untersucht, warum es Trends gelingt, echte und nachhaltige gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen zu bewirken:
- Relevanz und Dringlichkeit: Der Trend muss ein aktuelles und dringendes Problem aufgreifen, das viele Menschen betrifft (z.B. Umwelt, soziale Gerechtigkeit).
- Breite gesellschaftliche Akzeptanz: Der Trend muss verschiedene Zielgruppen bzw. eine kritische Masse ansprechen und als sinnvoll wahrgenommen werden.
- Virale Verbreitung: Soziale Medien und Influencer können helfen, die Botschaft schnell und effektiv zu verbreiten.
- Praktikabilität: Der Trend muss konkrete, umsetzbare Lösungen bieten, die Menschen in ihren Alltag integrieren können.
- Unterstützung durch prominente Personen: Prominente oder Meinungsführer können Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit eines Trends erhöhen.
- Wirtschaftliche Anpassung: Unternehmen müssen auf den Trend reagieren und Produkte und Dienstleistungen anbieten, die den Trend unterstützen und für eine breite Masse erreichbar machen.
- Politischer und gesetzlicher Rückenwind: Gesetze und staatliche Maßnahmen können den Trend fördern und nachhaltige Strukturen schaffen.
- Nachhaltigkeit des Engagements: Der Trend muss langfristig Bestand haben und darf nicht nur ein kurzlebiger Hype sein. Das kann durch die oberen Punkte erreicht werden.
- Bildungs- und Aufklärungsarbeit: Verständnis und Wissen über das Thema stärken die gesellschaftliche Unterstützung.
- Kultureller Wandel: Der Trend muss bestehende Normen und Werte herausfordern und durch neue, progressive Ansätze ersetzen.
Wieso manche Trends die Welt nicht verändern können
Lasst uns nun mal genauer darauf schauen, wieso es manche Trends nicht schaffen, die breite Masse zu erreichen und echte Veränderungen zu bewirken.
Trends scheitern oft daran, wirkliche soziale und strukturelle Veränderungen herbeizuführen, und zwar aus folgenden Gründen:
- Oberflächlichkeit: Trends bleiben oft bei ästhetischen oder symbolischen Veränderungen stehen, ohne tiefgreifende Aktionen oder Lösungen zu fördern. z. B. “Rainbow-Washing” – Unternehmen verwenden während des Pride Month Regenbogensymbole und bieten LGBTQ+-freundliche Produkte an, ohne jedoch wirkliche Maßnahmen zur Unterstützung der LGBTQ+-Community zu ergreifen.
- Kurzlebigkeit: Viele Trends verschwinden zu schnell wieder, bevor sie langfristige Veränderungen bewirken können. z.B. Mode- und Accessoire trends (Barbie-Core, Stanley Cups, etc.)
- Fehlende Breitenwirkung: Manche Trends sprechen nur eine kleine Zielgruppe an und erreichen nicht die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz. z.B. Slow Fashion/Fair Fashion (wegen Kosten, Sichtbarkeit, zu große Fast Fashion Gegenspieler, etc.)
- Kommerzialisierung: Unternehmen nutzen Trends oft für Marketingzwecke (z. B. Greenwashing), ohne echte Nachhaltigkeit oder strukturelle Änderungen zu unterstützen.
- Mangel an politischer Unterstützung: Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen oder Subventionen fehlt die Grundlage, um tiefgreifende Änderungen voranzutreiben.
- Widerstand etablierter Strukturen: Große Industrien oder Interessengruppen wehren sich aktiv gegen Veränderungen, die ihre Gewinne gefährden könnten. z.B. Fleisch- und Milchindustrie vs. Veganismus und vegane Ersatzprodukte
- Komplexität der Probleme: Trends bieten oft vereinfachte Lösungen für komplexe Probleme, die tief greifender gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Anpassungen bedürfen. z.B. Bioplastik: Es wird als umweltfreundliche Alternative zu konventionellem Plastik beworben, aber die komplexen Probleme der Mülltrennung, der begrenzten Kompostierbarkeit und der Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion bleiben ungelöst.
- Fehlende Bildung: Wenn Menschen die zugrunde liegenden Probleme nicht vollständig verstehen, bleibt der Trend oberflächlich und unreflektiert.
- Individuelle Verantwortung statt Systemänderung: Trends konzentrieren sich oft auf individuelles Verhalten, während größere systemische Veränderungen ausbleiben. z.B. Mehrweg-Kaffeebecher & Co: Während Verbraucher ermutigt werden, den Verbrauch von Einweg-Kaffeebechern zu reduzieren, bleiben größere systemische Herausforderungen – wie die Reduzierung industrieller Verpackungsabfälle oder die Förderung umfassender Recyclinginfrastrukturen – weitgehend unangetastet.
- Fehlende Nachhaltigkeit: Ein Trend verpufft, wenn er nicht mit langfristigen Zielen oder klaren Strukturen verbunden ist.
Beispiele wie die Frauenbewegung, der Klimaschutz oder die Digitalisierung zeigen, wie Trends zu nachhaltigen Veränderungen führen können. Gleichzeitig sind oberflächliche Nachhaltigkeitskampagnen aka Greenwashing ein Beispiel dafür, wie Veränderungen im Sande verlaufen, wenn der Wille zur tatsächlichen Umsetzung fehlt.
Ob ein Trend die Welt verändert, liegt nicht nur an seiner Popularität, sondern daran, ob wir als Gesellschaft bereit sind, ihn als Chance zu nutzen.
Hat Underconsumption Core das Zeug dazu eine dauerhafte Veränderung zu bewirken?
Betrachtet man die oben genannten Punkte, wie ein Trend zu strukturellen und gesellschaftlichen Veränderungen führen kann, so hätte “Underconsumption Core” durchaus das Potenzial, unser Denken und Handeln grundlegend zu beeinflussen.
Gründe, warum “Underconsumption Core” gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen bewirken kann:
- Relevanz und Dringlichkeit:
Der Trend greift zentrale Probleme wie Umweltzerstörung, Ressourcenverschwendung und Klimawandel auf – Themen, die weltweit immer drängender werden und bereits eine breite Öffentlichkeit interessieren. - Breite gesellschaftliche Akzeptanz:
Er spricht ein breites Publikum an, das sich mit Überkonsum, Nachhaltigkeit und minimalistischem Lebensstil identifiziert. - Virale Verbreitung:
Social Media trägt dazu bei, dass “Underconsumption Core” schnell verbreitet wird, indem inspirierende Inhalte geteilt werden, wie DIY-Tipps, minimalistische Wohnstile oder nachhaltige Alternativen. - Praktische Umsetzbarkeit:
Der Trend bietet einfache, im Alltag umsetzbare Lösungen wie Second-Hand-Shopping, Reparatur von Gegenständen oder den Verzicht auf überflüssige Anschaffungen. - Langfristigkeit:
Der Fokus auf Achtsamkeit und bewussten Konsum hat das Potenzial, sich als Lebensstil statt als kurzfristiger Hype zu etablieren. - Bildung und Aufklärung:
Die Bewegung fördert das Bewusstsein für die Auswirkungen von Konsum auf die Umwelt und zeigt konkrete Alternativen auf, um Ressourcen zu schonen. - Kultureller Wandel:
“Underconsumption Core” hinterfragt die kulturelle Fixierung auf Konsum und Statussymbole und stellt Werte wie Einfachheit, Zufriedenheit und Nachhaltigkeit in den Vordergrund.
Wieso “Underconsumption Core” meiner Meinung nach nur ein Nischen-Trend bleiben wird
Trotz der positiven Aspekte, die eine nachhaltige und breite Veränderung unseres Konsumverhaltens durch den Trend “Underconsumption Core” mit sich bringen könnte, schätze ich die langfristige und nachhaltige Wirkung eher gering ein.
Warum? Weil dem Ganzen meiner Meinung nach zu viele mächtige Gegenspieler entgegenstehen, und die Unterstützung aus relevanten Bereichen fehlt:
- Wirtschaftlicher Widerstand: Unternehmen, die auf Massenkonsum und Fast Fashion setzen, mit günstigen Preisen werben, und damit gerade jetzt in der aktuellen Situation viele Konsument*innen ansprechen, haben zu viel Sichtbarkeit, Geld und damit Macht.
- Kapitalistische Gesellschaft & Überkonsum: Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft. Konsum ist und bleibt etwas, das uns von allen Seiten aufgezwungen und gefördert wird. Es ist schwer bis unmöglich, sich dem zu entziehen. Überkonsum ist tief in unserer modernen Gesellschaft verankert. Gerade in der westlichen Welt haben viele das Gefühl, immer mehr haben zu müssen. Die sozialen Medien haben diesen Trend in den letzten 10 Jahren enorm verstärkt. Hier wird Konsum geradezu glamourisiert: Haul-Videos und Unboxings gehören zu den beliebtesten Inhalten auf Plattformen wie TikTok und Instagram.
- Der Psychologische Aspekte: Wir stecken in einer wirtschaftlichen Krise. Löhne werden nicht angehoben, durch die Inflation steigen die Preise, und dennoch kaufen die Menschen noch genug unnötige Dinge. Wieso? Nun, das ist etwas paradox: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten greifen viele Menschen verstärkt zum Konsum, weil Einkaufen durch die Ausschüttung von Dopamin – einem natürlichen Belohnungsmechanismus im Gehirn – kurzfristige Glücksgefühle erzeugt. Gleichzeitig sind wir in einer Konsumgesellschaft aufgewachsen, in der Kaufen nicht nur der Bedürfnisbefriedigung, sondern auch der Bewältigung von Stress oder Unsicherheit dient. Gerade in Krisenzeiten suchen Menschen nach Kontrolle oder kleinen Freuden, und der Kauf von Dingen bietet eine schnelle und einfache Möglichkeit, sich besser zu fühlen, auch wenn die Wirkung oft nur von kurzer Dauer ist. Durch das Aufkommen extrem billiger Produkte (Stichwort: Temu, Shein, Aliexpress, amazon) kann dieses Bedürfnis trotz der aktuellen Krise befriedigt werden.
Kritik an “Underconsumption Core” – ein Privileg für Wohlhabende?
Bei allen Chancen, die “Underconsumption Core” bietet, stößt der Trend auch auf Kritik.
Einer der häufigsten Vorwürfe gegen den “Underconsumption Core” ist, dass er vor allem von Privilegierten zelebriert wird.
Wer genug hat, kann es sich leisten, weniger zu konsumieren und dies als “Tugend” darzustellen – während diejenigen, die von vornherein wenig haben, oft unfreiwillig “verzichten”.
Der Trend könnte daher als Armutsverherrlichung missverstanden werden.
Fazit: Inspiriert “Underconsumption Core” langfristig zu einem nachhaltigeren Leben?
Underconsumption Core hat zwar das Potenzial, ein wichtiges Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu schaffen, aber ich glaube nicht, dass er unsere gesellschaftlichen Strukturen grundlegend verändern wird.
Der Trend bleibt oft auf symbolische Handlungen und individuelle Verhaltensänderungen beschränkt, während die größeren systemischen Probleme – wie eine auf Wachstum und Konsum ausgerichtete Wirtschaft, soziale Ungleichheit und fehlende politische Maßnahmen – weitgehend unangetastet bleiben. Ohne breite Zugänglichkeit, starke regulatorische Unterstützung und eine grundlegende Veränderung der kulturellen Fixierung auf Konsum als Statussymbol wird der Trend wahrscheinlich nur eine Nische bleiben, die zwar inspiriert, aber keine tiefgreifenden und langfristigen Strukturen verändert.
Was ist deine Meinung zu dem Thema? Schreibe mir deine Gedanken gerne in die Kommentare.
Quellen:
Hier ist die Liste der verwendeten Quellen mit den entsprechenden Links:
- Understanding Underconsumption Core: How a new trend is challenging consumer culture
- It is OK to be content with your simple life: Is Underconsumption Core the answer to too much shopping?
- Underconsumption Core: Der neueste Hype um den Konsumverzicht
- Underconsumption Core: Vogue über den minimalistischen Trend
- How Underconsumption Core is changing consumer culture
- Wien Energie Positionen: Der Ausstieg aus Verbrennungsmotoren
- Next Mobility: Verbote für Verbrenner – wann sie wo kommen
- Watson: Verbrenner-Verbote weltweit
- Auto Motor und Sport: Die Zukunft des Elektroautos
- Focus: Verbrenner-Verbote weltweit
- Utopia: Gegen Klimawandel und Konsumgesellschaft – Underconsumption ist im Trend